Investigative Recherche der ARD zum Thema „Partyurlaub außer Kontrolle – wie sicher sind Jugendreisen?“ und Prof. Dr. Wolfgang Ilg im Interview
Eine Reporterin der Redaktion „Vollbild“ des SWR hatte sich beim Veranstalter „GO Jugendreisen” beworben und war undercover als Betreuerin einer Partyreise in die spanische Küstenstadt Calella an der Costa Brava gefahren. Als Vorbereitung auf die Reise hatte sie lediglich einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert und ein zweitägiges Online-Seminar belegt. Beides war von Seiten des Veranstalters Voraussetzung für die Arbeit. Die Recherchen zeigen, dass das Betreuungspersonal nicht ausreichend auf die Arbeit vorbereitet war. Beispielsweise lagen dem Team offenbar Informationen über Vorerkrankungen der jugendlichen Teilnehmeri*nnen bei der Abreise nicht vor. Auch konsumierten minderjährige Teilnehmende beim Feiern in Clubs hochprozentigen Alkohols. Die Reporterin war als Betreuerin alleine für 22 Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren verantwortlich. In Kombination mit langen Arbeitszeiten bis in die frühen Morgenstunden habe diese hohe Verantwortung bei ihr und anderen Betreuer*innen zu Erschöpfung und Überforderung geführt. Die Teamer*innen hätten zudem keinen Lohn, sondern nur eine Aufwandsentschädigung von 11 Euro pro Tag erhalten. Der SWR hat die Recherchen Prof. Dr. Wolfgang Ilg vorgelegt, Sozialwissenschaftler an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, er forscht zu Kinder- und Jugendreisen. Dass das Betreuerteam über Vorerkrankungen vor der Abfahrt offenbar nicht informiert gewesen sei, bewertet er kritisch: „Es ist völlig unverantwortlich, wenn das nicht ab Minute eins verfügbar ist.” Prof. Wolfgang Ilg kritisiert zudem das geringe Verhältnis von Betreuungspersonen zu Teilnehmenden. Das beschränke nicht nur die pädagogische Arbeit, sondern könne auch eine Gefahr darstellen: „Wenn ich mich den jugendlichen Teilnehmenden annähern möchte und es gibt niemanden, der mir auf die Finger schaut, dann steigen die Gefahren. Alleine eine Gruppenreise zu begleiten, halte ich für unverantwortlich.“ Auch die geringe Vergütung kritisiert der Experte: „Dann muss man sich natürlich fragen, gibt es vielleicht andere Motivationen mitzugehen? Und es wird tatsächlich heikel, insbesondere dann, wenn der Betreuungsschlüssel sehr schlecht ist.“
Der Artikel: https://www.swr.de/unternehmen/kommunikation/vollbild-partyurlaub-2025-100.html