Gründungsaktivitäten im dritten Lebensalter - The making of the mature entrepreneur: life course perspective on entrepreneurship in older age in Germany and Poland

Existenzgründungen im Alter gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sowohl in Quantität, als auch sozio-politischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Das vorliegende Forschungsvorhaben untersucht den Gründungsprozess und die Entwicklung zum Existenzgründer/in im fortgeschrittenen Alter aus der Lebenslaufperspektive. Dabei soll am Beispiel von Deutschland und Polen festgestellt werden, inwiefern vorangegangene berufliche und persönliche Erfahrungen im Lebenslauf den Schritt in die Selbstständigkeit determinieren.

Thematik, Fragestellung und Methoden

Zum Thema Gründungsaktivitäten im Alter existiert mittlerweile eine Reihe von Forschungsarbeiten. Allerdings besteht für Deutschland nach wie vor ein Defizit in Bezug auf grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem Phänomen. Auch mangelt es an Studien, die dabei den Fokus explizit auf eines der dynamischsten Konzepte der Soziologie legen – die Lebenslaufperspektive. Hier setzt das vorliegende Projektvorhaben an. Der Begriff „mature entrepreneur“ („reife Gründerperson“) umfasst dabei sowohl das individuelle chronologische Alter (50plus) als auch die persönliche Lebens- und Berufserfahrung sowie das über den Lebenslauf akkumulierte soziale, humane und (oftmals) ökonomische Kapital. Hier möchten wir im Kern der Frage nachgehen, inwiefern individuelle und institutionelle Rahmenbedingungen Gründungsaktivitäten im Alter beeinflussen und formen. Dabei gehen wir davon aus, dass Gründungsmotivation und -aktivitäten Älterer das Ergebnis eines dynamischen Wechselverhältnisses einerseits ihrer persönlichen Berufs- und Lebensbiographie und andererseits der gesellschaftlichen und strukturellen Resonanz durch Institutionen im Gründungsprozess sind. Das Projektvorhaben verfolgt einen dynamischen und zeitbezogenen Ansatz für die Untersuchung von reifen Gründerpersonen. Dabei werden explorativ sowohl Übergänge und Verläufe in der Vergangenheit als auch Zukunftsperspektiven analysiert. Als theoretische Basis bietet das Lebenslaufkonzept die Möglichkeit, Fragen nach zentralen Unterschieden von älteren und jüngeren Gründerinnen und Gründern bezogen auf Lebenserfahrung und akkumulierte soziale und materielle Ressourcen nachzugehen, Veränderungen von modernen Lebensläufen (bspw. mit Blick auf De-Standardisierung u. De-Institutionalisierung) und die Verknüpfung von beruflichen und privaten Biographien zu eruieren. Methodologisch verfolgt das Projektvorhaben einen qualitativen Ansatz. Hierzu werden vertiefende Interviews sowohl mit älteren Gründerpersonen als auch Expertinnen und Experten im Gründungsgeschehen (auf staatlicher, nicht-staatlicher und privater Ebene) durchgeführt. Angesichts des Defizits an länderübergreifenden Untersuchungen werden diese Interviews zudem in zwei Ländern, nämlich Deutschland (inkl. Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern) und Polen geführt. Beide Länder repräsentieren unterschiedliche politische Ansätze zur Förderung von (späten) Gründungsaktivitäten und illustrieren zudem verschiedene Wohlfahrtsstaatmodelle bzw. sozio-strukturelle Rahmenbedingungen. Insgesamt leistet das Projektvorhaben einen innovativen Beitrag für die Grundlagenforschung zu späten Gründungsaktivitäten in alternden Gesellschaften sowie zu aktuellen akademischen und politischen Debatten um alternative Formen der Altersproduktivität und „neue“ Modelle der Selbständigkeit. Darüber hinaus liefert das vorliegende Projektvorhaben neue und empirisch fundierte Erkenntnisse über die Variabilität moderner Lebensläufe und ihre institutionelle Einbettung.

Laufzeit

Januar 2017  bis  Dezember 2019

Kooperation/Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft
Kennedyallee 40
53175 Bonn

Projektbearbeitung

Prof. Dr. Annette Astrid Franke

Prof. Dr.
Annette Astrid Franke

Projektleitung

Mitarbeiter*innen:

Myrczik, Jannina (wiss. Mitarbeiterin, FU Berlin)